Pressemitteilung
Barrierefrei bis 2030???
Reisebericht "Mit Rollstuhl zum ÖDP-Landesparteitag nach Moosburg" von Dieter Nießner
Als Begleiter unseres ÖDP-Mitglieds und Parteitagsdelegierten Dieter Neumann zum Landesparteitag in Moosburg habe ich einen kleinen Einblick in die Alltagsprobleme eines Rollstuhlfahrers bekommen.
Die Fahrt führte von Friedberg über Augsburg-Hochzoll und München Hauptbahnhof nach Moosburg. DN ist auf seinen Elektrorollstuhl angewiesen. Um in einen Zug zu kommen, ist eine Rampe erforderlich. In Friedberg ist es nicht einfach, mit dem Elektrorollstuhl in die Regionalbahn zu kommen. Der Bahnsteig ungewöhnlich niedrig, deshalb ist die Rampe entsprechend steil. Die Umsteigezeit in Hochzoll beträgt 11 Minuten. Für Einsteigen und Aussteigen rechneten wir mit 6 Minuten (Der Lokführer muss jeweils die Rampe herrichten). In Hochzoll ist der Weg zur Unterführung mit dem Rollstuhl fast doppelt so weit wie über die Treppe und dann muss man noch mit dem Fahrstuhl zum Bahnsteig Richtung München. Also fuhr DN die 5 km nach Hochzoll mit seinem E-Rolli. Der Bahnsteig in Hochzoll ist gekrümmt, so dass es aussichtslos ist, rechtzeitig den Schaffner zu sehen und um Hilfe zu bitten. DN hatte schon Erfahrung und wartete an der Zug-Spitze. Der zuvorkommende Lokführer half mit der Rampe. Bei der Bauart dieses Zuges ist der Durchgang zu den Rollstuhlplätzen sehr schmal und weil der Weg durch andere Reisende, Gepäckstücke und Fahrräder versperrt war, mussten wir die 35 Minuten bis München im Bereich der Türen verbringen. Also hieß es für DN durch Rangieren abwechselnd rechten Ausstieg, linken Ausstieg und Toilettentür freizumachen. Unterwegs belehrte uns der Schaffner, dass wir die Fahrt hätten anmelden müssen (2 Tage vorher).
In München war genügend Zeit zum Umsteigen und wir erreichten auch den für Rollstühle vorgesehenen Platz im Wagon. Bis Moosburg hatte sich der Zug so gefüllt, dass wir ab dem letzten Halt vor Moosburg begannen, uns zum Ausstieg vorzuarbeiten. Um die Rampe anzulegen mussten fünf Leute mit einem Kinderwagen kurz mit aussteigen, damit der Schaffner die Rampe anlegen konnte. Den barrierefreien Ausgang vom Bahnhof am anderen Ende des Bahnsteigs zu finden, war nicht einfach.
Die Stadthalle in Moosburg war barrierefrei, DN konnte sich im Rahmen seiner Möglichkeiten frei bewegen und mit anderen Teilnehmern des Parteitags ins Gespräch kommen (das wäre mit einem transportablen Klapp-Rollstuhl nicht möglich gewesen).
Weil der Fußweg vom Bahnhof zur Stadthalle teilweise zu steil war, nahmen wir auf dem Heimweg den Umweg über die Stadtmitte. Dies entpuppte sich als ein Hindernislauf mit sich plötzlich verengenden Gehsteigen, geparkten Autos und zu hohen Bordsteinkanten an Einmündungen.
Am Bahnhof Moosburg erwartete uns der Höhepunkt der Reise: Um auf unseren Bahnsteig zu kommen, mussten wir mit dem Fahrstuhl in die Unterführung und mit einem zweiten Fahrstuhl wieder hoch zum Gleis 2. Fahrstuhl 1 transportierte uns nach unten, bei Fahrstuhl 2 erwartete uns ein Schild: Aufzug defekt, Monteur ist unterwegs. Wir riskierten nicht, auf den Monteur zu warten sondern fuhren mit Aufzug 1 zurück ans Tageslicht. Dort sahen wir, dass der Aufzug 2 oben auf dem Bahnsteig mit Absperrband gesichert war. DN wählte die Servicenummer der DB in München. Eine freundliche Dame teilte mit, dass der Aufzug schon eine Woche kaputt sei und es wohl eine weitere Woche bis zur Reparatur dauern würde. Um auf den anderen Bahnsteig zu kommen, blieb und keine andere Wahl als mit dem nächsten Zug weiter nach Landshut fahren, dort konnten wir eine halbe Stunde später am selben Bahnsteig gegenüber in den Gegenzug Richtung München einsteigen.
Die hilfsbereite Dame vom Servicetelefon hatte dafür gesorgt, dass die Schaffner schon Bescheid wussten. Eine weitere Bahnmitarbeiterin begleitete uns beim Einsteigen in Moosburg und beim Umsteigen in Landshut. Diese Züge hatten sogar eine hydraulisch ausfahrbare Rampe. Die letzte Etappe München - Augsburg verlief ohne besondere Vorkommnisse.
Da ich den größten Teil der Fahrt im Bereich der Türen verbrachte, konnte ich die verschiedenen Bahnsteighöhen sehen und mich wundern.
Facit: Wir lernten BahnmitarbeiterInnen kennen, die sich nach Kräften bemühten, die Mängel zu managen und ich war eine Erfahrung reicher.
Dieter Nießner